Von den Finnen wird erzählt, dass sie zur Begründung ihres Pisa-Erfolges sagen:
„Von uns gibt es nur fünf Millionen. Wir können es uns nicht leisten, auch nur einen davon zu verlieren. Deswegen zählt jedes Kind.“
Hier wird unbewusst ein Leitsatz christlicher Ethik formuliert: „Keiner darf verloren gehen.“ Paulus beschreibt diesen Zusammenhang im 1. Brief an die Korinther 12 im Bild des menschlichen Leibes, dessen Haupt Christus und dessen Glieder die einzelnen Christen sind. Und er erklärt dann: So verschieden die Glieder auch sind, sie sind alle aufeinander angewiesen. Das Auge kann nicht zum Fuß sagen: Ich brauche dich nicht oder umgekehrt. Gerade die Teile, die schwächer sind, sind besonders wichtig, sagt Paulus. Und dann schließt er mit dem großartigen Satz:
„Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder.“ Mich beeindruckt dieses Bild immer wieder, weil es die gegenseitige Angewiesenheit der Menschen beschreibt.
Diese kommt wunderbar zum Tragen im Zusammenspiel von Gerechtigkeit und Solidarität. Beide begründen unser soziales Miteinander. Nur selbstverständlich ist das nicht. Gerade der Gedanke der Solidarität wird nicht selten denunziert. Es scheint so zu sein, dass einem wachsenden Egoismus auf der individuellen Seite eine verstärkte Neigung von gesellschaftlichen Gruppen entspricht, ihr Eigeninteresse dem Gemeinwohl rigoros vorzuordnen.
Das Gemeinwohl aber ist deswegen vorgeordnet, weil es dem sozialen, dem gesellschaftlichen Frieden dient.
Für mich wird das besonders sichtbar am Beispiel der Kinderarmut.
15,4 % an der Bevölkerung im Alter von unter 15 Jahren sind davon betroffen.
Was ist also nötig?
1. Nötig ist eine stärkere Zuwendung zu Familien. Die demografische Entwicklung ist kein Naturgesetz. Sie hat damit zu tun, dass das Leben mit Kindern für viele kein attraktives Leitbild mehr ist und Kinder nur noch als Kostenfaktor begriffen werden. Und Kosten minimiert man in unserer Gesellschaft. Die Bethlhemstiftung sieht auch die Kinder als wichtige Glieder der Kirche und bietet durch die Cofinanzierung des Mitarbeiters Philipp Krieger für Kinder und Jugendarbeit Kindern aller –konfessionen oder Religionen, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
2. Das viel beschworene sinnvolle Subsidiaritätsprinzip wird von den Kirchen in den Kontext zur solidarischen Gesellschaftsverfassung gestellt. Für sie geht es bei der Subsidiarität darum, Einzelpersonen und untergeordnete Ebenen „zu schützen“, „zu stärken“ und „zu unterstützen“, nicht jedoch darum, ihnen wachsende Risiken zuzuschieben.“ Insofern gehören Subsidiarität und Solidarität zusammen. Demnach heißt Subsidiarität: „Zur Eigenverantwortung befähigen“. Das kann in Gruppen und Kreisen, durch Jugendleiterausbildung oder Ausbildung von Besuchsdienstmitarbeitern geschehen, von denen wir viel zu wenig haben. Damit Nächstenliebe auch transportiert werden kann.
Subsidiarität kann nicht heißen: „Den einzelnen allein lassen.“
Das Gleichgewicht von öffentlicher Verantwortung und privatem Engagement muss stimmen. Insofern freue ich mich, dass in durchaus schwierigen wirtschaftlichen Zeiten – und die Kirchen sind massiv davon betroffen – Sie in der Bethlehemgemeinde Meppen aktiv sind.
Das sie in der Bethlehemstiftung aktiv sind und ein Zeichen privaten und diakonisch-christlichen Engagements setzen, Sie tragen dazu bei, dass keiner zurückbleibt. Dafür danke ich Ihnen.
Für Ihr weiteres Wirken wünsche ich Ihnen Gottes Segen.
Ihr
Pastor Ulrich Hirndorf