Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe
W.W.J.D. – what would Jesus do?
Gero Cochlovius, Pastor, Hohnhorst
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!“ Liebe, die nicht berechnend ist. Liebe, die nicht fragt: Was hab’ ich davon? Liebe,die nicht logisch ist. Liebe, die auch dann noch da ist, wenn sie nicht erwidert wird.
Vielleicht trifft es ein wenig, was der Dichter Antoine des Saint-Exupéry so formuliert: “Die wirkliche Liebe beginnt, wo keine Gegenliebe mehr erwartet wird.“ Aber dass Paulus noch hinzufügt: „Alles, was ihr tut …“ – ist das nicht doch zu viel verlangt? Wirklich alles? Ist das nicht übermenschlich? Ich frage mich: Können wir solch eine Liebe leben? Und zwar, ohne dass ein moralischer Druck oder einfach ein Krampf daraus wird? Was kann mir helfen zu dieser göttlichen Liebe, wie sie im 1. Korinther-Brief Kap. 13 beschrieben wird, im Alltag zu finden? Paulus selbst zeigt in seinem Brief den Weg: wenn wir auf Jesus schauen und mit ihm verbunden sind, prägt das auch unsere Liebe. Denn auch Jesus hat geliebt, wo es keine Gegenliebe zu erwarten gab.
Mir kommt ein Armband in den Sinn, das vor Jahren von vielen Jugendlichen getragen wurde. Nur vier Buchstaben stehen darauf: „W.W.J.D.“ – „What would Jesus do?“, „Was würde Jesus tun?“. Wenn wir uns im Alltag an diese vier Buchstaben erinnern, kommt uns immer wieder Jesu Liebe in den Sinn. Und soweit wir uns davon leiten lassen, geschieht alles, was wir tun, in seiner Liebe.
(gekürzt – aus: Chr. Morgner „Das Lesebuch zur Jahreslosung 2024“)
Ein Haus ohne Liebe?
Dr. Jörg Kallus, Buchautor, Oberhausen;
Wie ist ein Haus ohne Liebe?
Vielleicht ist es groß und prächtig, fest gebaut und großartig eingerichtet. Aber alle Lampen und Leuchter vertreiben niemals seine Schatten, und der Besucher fröstelt, auch wenn er direkt am Kaminfeuer steht. Vielleicht hat es viele Bewohner, aber Heimat hat keiner. Sie sind nebeneinander einsam, in fieberhafter Betriebsamkeit oder resignierter Lethargie, jeder allein, gefangen tief unten im Brunnen seiner Persönlich-keit. Das Haus ist voller Bilder, doch abgebildet ist immer nur eine einzelne Person.
Wie ist ein Mensch ohne Liebe?
Vielleicht wie eine Kerze, niemals entzündet.
Wie ein hoch gewachsener Weihnachtsbaum in der Ecke des Zimmers, geschmückt mit den schönsten Kugeln, dem herrlichsten Zuckerwerk und Lametta, aber vergessen von allen, ohne Lichterglanz, Weihnachtslieder und Kinderlachen, bis zu dem Tag, an dem seine Nadeln fallen.
Wie ist eine Gemeinde ohne Liebe?
Vielleicht ein beeindruckendes Gebäude mit Buntglasfenstern, sakraler Kunst und imposanter Orgel.
Oder auch ein altes oder modernes Gebäude, dessen innere Armut auch äußerlich offensichtlich ist.
Es gibt einen Unterschied zwischen Erfolg und Frucht. Erfolg können wir Menschen machen. Frucht muss geschenkt werden. Erfolgt ist möglich ohne Liebe, aber Frucht niemals. Die Liebe selbst ist Geschenk, ist Frucht des Heiligen Geistes (Gal. 5, 22).
(gekürzt – aus: Chr. Morgner „Das Lesebuch zur Jahreslosung 2024“)
In Liebe handeln – mit globaler Perspektive
Dr. Thomas Kröck, Dozent
Paulus ist mit seinem langen Brief an die Gemeinde in Korinth schon fast fertig, und dann kommen zwischen den Informationen über seine Reisepläne und Grüßen an die Gemeinde noch einige kurze Ermahnungen, mit denen er seine Anliegen zusammenfasst. Dazu gehört auch der Satz der Jahreslosung: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1.Korinther 16, 14)
In seinem Brief hat der Apostel Paulus viele Themen und Probleme angesprochen. Die Gemeindeglieder waren hinsichtlich ihrer Herkunft und Prägung ganz unterschiedlich und gehörten unterschiedlichen sozialen Schichten an. Das führte zu Spannungen und Konflikten in der Gemeinde. Neben verschiedenen Ratschlä-gen und Anweisungen nennt Paulus die Liebe als Lösung. In Kapitel 13, das auch das „Hohelied der Liebe“ genannt wird, beschreibt er, welche Bedeutung die Liebe hat und wie sie sich im konkreten Verhalten zeigt. Darauf bezieht sich auch die Aussage aus 1. Kor. 16, 14: Alles soll in Liebe geschehen. Das umfasst bewusste Handlungen, aber auch Verhaltensmuster und Gewohnheiten, für die wir uns nicht bewusst entscheiden.
Wir leben heute in einer globalisierten und vernetzten Welt, in der unser Handeln nicht nur die Mitglieder unserer Gemeinde, unsere Familienangehörigen, unsere Kolleginnen und Kollegen und Nachbarn betrifft. Ob wir es wahrnehmen oder nicht, es hat Auswirkungen auf Menschen in anderen Erdteilen und auf die gesamte Schöpfung.
Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe, ermahnt Paulus. „Alles“ umfasst unser bewusstes Handeln, aber auch das, was wir unbewusst oder aus Gedankenlosigkeit tun. Liebe lässt uns über unsere eigenen Wünsche und Bedürfnisse hinaussehen und auch die Bedürfnisse unserer Mitmenschen und Mitgeschöpfe weltweit in den Blick nehmen. Und Liebe gibt uns Kraft, unser Verhalten zu ändern. Wir können mit kleinen Schritten beginnen, aber wir sollten nicht dabei stehen bleiben.
(gekürzt – aus: Chr. Morgner „Das Lesebuch zur Jahreslosung 2024“)
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“
Einige Sätze des chinesischen Philosophen Laotzi (6. Jahrh.), die den Wert der Liebe deutlich machen:
Pflicht ohne Liebe macht verdrießlich.
Verantwortung ohne Liebe macht rücksichtslos.
Gerechtigkeit ohne Liebe macht hart.
Wahrheit ohne Liebe macht kritiksüchtig.
Erziehung ohne Liebe macht widerspruchsvoll.
Klugheit ohne Liebe macht gerissen.
Freundlichkeit ohne Liebe macht heuchlerisch.
Ordnung ohne Liebe macht kleinlich.
Sachkenntnis ohne Liebe macht rechthaberisch.
Macht ohne Liebe macht grausam.
Ehre ohne Liebe macht hochmütig.
Besitz ohne Liebe macht geizig.
Glaube ohne Liebe macht fanatisch.
(aus: Chr. Morgner „Das Lesebuch zur Jahreslosung 2024“)
Paket ohne Liebe
Bärbel Wilde, Pfarrerin i. R., Lüdenscheid
Ein Mann lebt seit Jahren im Altersheim. Er hatte eine Firma geleitet. Die ist nun in den Händen seiner einzigen Tochter. Seine Frau ist vor Jahren gestorben. Im Heim ist er wie isoliert. Kaum Besuche. Seine Tochter nimmt die Arbeit voll in Anspruch. Als er Geburtstag hat, kommt die Stationsschwester mit einem großen Paket in sein Zimmer: „Für Sie“, sagt sie freundlich. „Stellen sie es bitte auf den Tisch“, sagt der alte Herr.
Abends, als die Schwester noch einmal in das Zimmer kommt, steht das Paket immer noch unbeachtet und unausgepackt auf dem Tisch. „Wollen Sie es nicht auspacken?“, fragt die Schwester. „Nein“, sagt der alte Herr, „es ist von meiner Tochter, aber es ist keine Liebe drin.“ Er muss schon an der Verpackung erkannt haben: Es kommt von der Firma. Die Tochter ist nicht selbst gekommen. Sie hat nur ein Paket packen und verschicken lassen. „Es ist keine Liebe drin!“
Hätte die Fabrikantentochter doch darüber nachgedacht, wie sehr ihr Vater ihren Besuch erhofft hatte, hätte sie ihn nicht mit einem Firmenpaket abgespeist. Wenn ich etwas in Liebe geschehen lasse, denke ich an den anderen und nicht nur an mich selbst. Jeder Mensch sehnt sich nach Liebe. Liebe ist die Freude am Glück des anderen. Mitfreude ist oft schwerer als Mitleid.
Unsere Motivation ist: die große Liebe Gottes in den kleinen Münzen der alltäglichen Nächstenliebe weiterzugeben.
Gott schickt keine Firmenpakete, er lässt nicht nur ein bisschen was abgeben, sondern er gibt sich selbst.
Die Dankbarkeit für Gottes Liebe macht das menschliche Leben hell und das Herz weit.
(gekürzt – aus: Chr. Morgner „Das Lesebuch zur Jahreslosung 2024“)